Kreativ und kulturell entlang des Kulturparks Eisenstraße in Niederösterreich, um nicht nur altes Handwerk inmitten des Mostviertels zu bestaunen, sondern es selbst auszuprobieren. Das ist an der Eisenstraße möglich.
Getreu nach Konfuzius:
„Erzähl mir etwas und ich werde es vergessen; Zeig mir etwas und ich werde mich daran erinnern; Lass mich etwas tun und ich werde es behalten.“
In Ybbsitz, einem kleinen Ort im Mostviertel, südlich der Donau gelegen, leben die Schwarzen Grafen. So wurden früher die Schmiedeherren in der Eisenstraße genannt.
Tipps für die Eisenstraße / Entlang der historischen Eisenstraße in Niederösterreich
1. Hammerwerk Eybl – Schmieden für Fortgeschrittene
Wir treffen beim Hammerwerk Eybl ein. Es ist kühl, der Bach rauscht leise vor sich hin und schon beim Überqueren der Brücke erkennen wir unschwer, dass hier ein Künstler am Werk ist. Die Brückengeländer sind mit stilisierten, geschmiedeten Wassertropfen verziert.

Das alte Hammerwerk liegt „In der Noth“, am Fuße einer beschwerlichen Strecke, über die in grauer Vorzeit Eisen und Proviant in und aus der Gegend für die Schmiede gebracht wurde.
Aus dem Dunklen tritt Sepp Eybl hervor. Ich schaue zwei Mal hin und bin überrascht. „Ohne-Leibl-Sepp“. Da wird einem auch klar, warum. Obwohl schon so manche Frau in seinem Hammerwerk fast „erfroren“ wäre (darunter auch die Frau eines Scheichs) begrüßt er uns oben nur mit einer Weste bekleidet. Mich fröstelts beim Anblick.
Beim Betreten der Schmiede fühle ich mich in eine andere Welt versetzt. Altes Gemäuer, nur erhellt durch die geöffnete Tür und kleine Fenster. Bis zu 500 Jahre alte Maschinen („da schlackern die Amis immer mit den Ohren, wenn sie davon hören“ meint Sepp Eybl) und mir fliegen Begriffe um die Ohren wie Bär und Frosch.

Warum es so dunkel hier drinnen ist erklärt uns Sepp, während er unter lautem Gehämmere ein Blatt aus Eisen kreiert. Der Schmied erkennt die Färbung des heißen Eisens im Dunklen besser und weiß dadurch, wie heiß das Metall noch ist und ob es noch zum Schmieden geeignet ist oder wieder ins Feuer muss.
Bei Eybl Sepp können wir noch nicht unseres Glückes Schmied sein, denn er bietet Kurse für Fortgeschrittene an.
Dafür hat er unsere volle Aufmerksamkeit, wenn er uns erzählt, wie er mit einem Freund eine über 4 Tonnen schwere Maschine von Hand in sein Hammerwerk gebracht hat.

Am Ende seiner Führung zeigt er uns noch einen Holzstock, in dem namhafte Größen aus aller Welt ihren eigenen Nagel hinein geschlagen haben.
2. Selber schmieden für Anfänger – Fahrngruber-Hammer
Anschließend gehen wir zum ein paar hunderte Meter entfernten Fahrngruber-Hammer weiter, in dem wir endlich selbst das heiße Eisen ins Feuer werfen. Wir hämmern, was das Zeug hält.

Hämmern, drehen, hämmern, drehen bis das Eisen dünner, länger und spitzer wird. Dazwischen wird es wieder im Feuer erhitzt und zum Schluss in eine Form gezwängt und ein Nagel mit Kopf gemacht.
Anschließend können wir einen selbst geschmiedeten Nagel unser eigen nennen (schön ist anders 😀 ).
„Schmieden ist Plastillin spielen für Erwachsene“. – Sepp Eybl
Übung macht den Meister. Wir sind stolz auf unsere Resultate und „werfen den Ream owi“, was bedeutet, dass die Arbeit getan ist. (Haben die Schmiede früher den Riemen, der die verschiedenen Hämmer angetrieben hat herunter gestreift, stand die Maschine und die Arbeit war für den langen Tag getan).
Schmieden macht hungrig und wir brauchen Stärkung für unsere nächste kreative Aktion. Die hausgemachte Cremeschnitte beim Landgasthof Steinmühl in Ybbsitz wirkt da wahre Wunder.

Begleitet von unserem Sepp, der eigentlich Leopold heißt kommen wir direkt zur 1. Österreichischen Sensenmähschule in Opponitz bei Familie Lueger an.
3. Sense schwingen in Österreichs 1. Sensenmähschule
Begrüßt werden wir von Johann Lueger und seiner Frau Marianne mit einem Glas Schmiedperle, einem aus der Gegend hergestellten Schaumwein, bevor uns Johann das Sensen mähen erklärt und wir es anschließend selbst ausprobieren.

Das Dengeln erinnert mich an meinen Versuch mit dem Schmieden. Mit dem Hammer drauf klopfen… Allerdings ist das Dengeln ein sogenanntes Kaltschmieden, damit die Sense wieder schön scharf wird und wir uns beim Sensen mähen nicht hart tun.
Anschließend wird die Sense noch gewetzt und dann gehts ab aufs Feld.
Johann Lueger zeigt es uns vor. Mühelos gleitet die Sense durch das saftige Gras und schon liegt die erste „gmahde Wiesn“ (gemähte Wiese).
Wir probieren es selbst aus und stellen uns gar nicht so schlecht dabei an.
Es macht auf jeden Fall Spaß und vielleicht schwinge ich bald unsere eigene Sense zu Hause. Vielleicht. 🙂
4. Geschichten über die Eisenstraße hören mit Sepp
Unser Sepp, der Leopold heißt, erkennbar an seinem Hut macht tatkräftig mit, wenn er nicht gerade damit beschäftigt ist, uns mit Geschichten über die Region zu erfreuen.

S.E.P.P. heißt übrigens: Service mit Erlebnis und viel P(P)ersönlichkeit.
Wer die Gegend so wie wir genauer erkunden möchte sollte sich unbedingt einen S.E.P.P oder eine S.E.P.Pin in Ybbsitz buchen. Unser Fazit: Kultur kann auch spannend sein und muss nicht langweilig sein wie damals die meisten Schulausflüge. 😉
5. Kartause Gaming
Wie wohl ein Hotelzimmer in der einst größten Klosteranlage Mitteleuropas aussieht? Diese Frage stelle ich mir schon auf dem Weg in das Mostviertel, welches wir schon vor zwei Monaten besucht haben, um dort frühlingshafte Winterfreuden zu erleben.
In der Kartause in Gaming angekommen bietet sich uns ein fröhlich buntes Bild. Kinder laufen durch den Innenhof und Frauen im Dirndl rufen sich englisch zu. Englisch? Wir sind doch in Niederösterreich.
Nach dem Einchecken erklärt uns Frau Daurer, dass in einem Trakt der Anlage eine amerikanische Privatuni untergebracht ist und gerade heute deren „Austrian Ball“ statt findet. Das erklärt auch die englischsprachigen Dirndl- und Lederhosenträger.
„Kultur an der Eisenstraße ist ein Erlebnis für alle Sinne!“
– Theodor Kanitzer, Präsident der Internationalen Chopin-Gesellschaft
Freudestrahlend begrüßt uns Claudia Stanglauer, die Kräuterfee der Kartause, in welcher es kreativer zugeht, als man in einem ehemaligen Kloster annehmen würde. Sie führt uns durch ihren Wild- und Unkräutergarten, den sie im Schutze der alten Gemäuer liebevoll angelegt hat.

Tipp von Claudia: Gänseblümchen in Olivenöl mit Salz eingelegt schmecken wie Kapern.
Aus den Wild- und Unkräutern, die im 200 m² großen Dachboden getrocknet werden, macht Claudia Räuchermischungen. Totales Neuland für mich. Ich bin so fasziniert, dass mein Kugelschreiber vor lauter mitschreiben fast zu glühen anfängt. Zum Glück fotografiert Thomas, während ich beschäftigt bin aufzuschreiben, wofür die einzelnen (Un)Kräuter stehen und welche Wirkungen sie auf uns und unser Heim haben. (Das wird auf jeden Fall zu Hause ausprobiert. Unkräuter haben wir selber genug im Garten. 🙂 )
Leider reicht die Zeit nicht für einen von Claudias Kursen, denn Barbara Schoberberger zeigt uns als nächstes in der Kartause ihre Leidenschaft. Das botanische Aquarell. Leidenschaft für die Genauigkeit und Zeit zum Abschalten. Fast schon meditativ sind die Kurse, die in der Kartause angeboten werden. Als leidenschaftliche Malerin (im Geheimen) sollte ich dies auch demnächst ausprobieren.

Rückbesinnung auf das Alte steht in der Kartause hoch im Kurs. I like! Nach all dem kreativen Input darf der Genuss nicht zu kurz kommen. Vom eigenen Kartausenbräu bis zum Chartreuse, einem Kräuterlikör; hier geht es genussvoll zu. Auch in den Zimmern. So gemütlich werden es die Mönche, die es hier übrigens schon lange nicht mehr gibt, sicher nicht gehabt haben.
6. Auf Nachtwächter Pfaden in Waidhofen an der Ybbs – Die Stadt der Türme und Bierhauptstadt Niederösterreichs
In Waidhofen an der Ybbs entlang der Eisenstraße wird ebenso wie in der Kartause Altes mit Neuem gemixt. Unser Blick vom Zimmer des Schlosshotel an der Eisenstraße fällt auf das Rothschildschloss in Waidhofen, welches schon so manche Gemüter erhitzt hat. Die Installationen des Architekten Hans Hollein sorgen mit dem gläsernen Kubus auf dem Schlossturm für so manche Diskussionen. Geschmacksache.
Nach einem leckeren Essen beim Schlosswirt Plappert direkt am Rothschildschloss, welches übrigens einige Gerichte für Vegetarier und Veganer parat hat (lobenswert!), werden wir von einem Mann in schwarzer Robe, mit Laterne, Hut und Lanze bewaffnet abgeholt. Unser Nachtwächter, der uns das nächtliche Waidhofen näher bringt.

Versteckte Innenhöfe, die bis zu 500 Jahre alt sind entdecken wir im Lampenschein. Kurz vor Mitternacht zwängen wir hartgesottenen uns noch mit unserem Nachtwächter auf den Schlossturm. Unterwegs hinauf bekomme ich Gänsehaut. Das Innere des Turmes ist der Gerichtsbarkeit und Folter gewidmet. Als angehende Juristin sollte mich das interessieren, aber Folter, Folterinstrumente und die teils schaurigen Geschichten unseres Nachtwächters lassen mein Interesse an der Gerichtsbarkeit anno Schnee auf null sinken. Nichts für zart besaitete Pflänzchen. Erst recht nicht kurz vor Mitternacht. Dafür lohnt die Aussicht vom Kubus, in dem auch Hochzeiten abgehalten werden, und der obligatorische Schnaps zum Abschluss der Führung über die zu Recht benannte Stadt der Türme umso mehr. Und so eine Führung mit einem Nachtwächter durch Waidhofen an der Ybbs ist auf jeden Fall empfehlenswert.
7. „Oafach kema und doa“ – Burgarena Reinsberg
Und wenn wir schon bei Türmen und Schlössern und Kreativität sind: Am Samstag durften wir in der Burgarena Reinsberg dem 1. „Oafach Kema & Doa“ (Einfach kommen und tun) Fest beiwohnen. Wir konnten altes Kunsthandwerk nicht nur sehen, sondern kreativ mitmachen. Drechseln, Korbflechten oder das Kennen lernen von Tadelakt, einer 2000 Jahre alten Kalkglanzputztechnik aus Marokko, die ich bei Jürgen Gindl ausprobiert habe, sind nur eine der wenigen Handwerke, die es im Mostviertel gibt und die auf der Burgarena Reinsberg präsentiert wurden.
Mehr über das milde und wilde Mostviertel gibt es hier ⤵
Mostviertel Reisetipps
alle Tipps für Österreich findest du hier: Reisetipps Österreich
Wir wurden von Mostviertel (Kulturpark Eisenstraße) und Kreativ Reisen Österreich eingeladen. Die Meinungen sind die eigenen.
zuletzt aktualisiert am Februar 17, 2023
Klasse! Ich hätte zu gerne gewusst, welcher VIP schon versucht hat, beim Sepp einen Nagel ins Holz zu hämmern! Schön : )
Glaub mir, das hätte mich auch interessiert, aber da war der Sepp sehr diskret. Irgendeines Scheiches Frau war auf jeden Fall da. 😉
looks like a wonderful place to watch the forging and demonstration, for some reason the English version didn’t work
It is a great place and the best thing is you can try the forging yourself.